NEUESTE ERKENNTNISSE ZU SELTENEN ERKRANKUNGEN DES INNENOHRS
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NEUESTE ERKENNTNISSE ZU SELTENEN ERKRANKUNGEN DES INNENOHRS

Aug 29, 2023

NEUESTE ERKENNTNISSE ZU SELTENEN ERKRANKUNGEN DES INNENOHRS

KL Krems, Harvard Medical School und Johns Hopkins University finden auffällige Lautstärkeveränderungen in speziellen Strukturen des Hörapparates

Krems, Österreich, 03. August 2023 – Aufwändige 3D-Analysen des Innenohrs liefern nun erstmals Einblicke in Volumenveränderungen spezieller Strukturen bei Betroffenen des sogenannten Morbus Ménière. Die Ursache dieser seltenen Erkrankung ist bis heute unklar, obwohl sie unter anderem zu schweren Gleichgewichtsstörungen führt. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (Krems, Österreich) und der Harvard Medical School und der Johns Hopkins University (beide USA) hat nun neue Erkenntnisse über den Krankheitsprozess geliefert. Mithilfe von 3D-Rekonstruktionen von Innenohren (basierend auf anatomischen Schnitten) konnte das internationale Team erstmals veränderte Volumina von Strukturen, sogenannten endolymphatischen Kompartimenten, bei Patienten mit dieser Erkrankung messen. Auch ein Zusammenhang mit der Dicke spezieller Membranen im Innenohr wurde festgestellt. Darüber hinaus wurden weitere Hinweise auf die Funktion einer kaum verstandenen Struktur im Innenohr (Bast-Klappe) gefunden.

Übelkeit, Drehschwindel, Tinnitus und Hörverlust – die sogenannte Ménière-Krankheit kann einen ganz schön aus der Bahn werfen. So selten die Krankheit ist, so schwierig ist ihre Behandlung. Im Extremfall muss der Nervus vestibularis durchtrennt oder das Gleichgewichtsorgan operativ entfernt werden. In leichteren Fällen hat sich eine Antibiotikabehandlung bewährt. Das hat das Team der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems) vor fünf Jahren trotz eines ungeklärten Wirkmechanismus bestätigt. Der Ursprungsort der Erkrankung ist das Gleichgewichtsorgan im Innenohr, wo es nach neuesten Erkenntnissen der KL Krems im Krankheitsfall zu einem Druckanstieg kommt. Die Wirkung auf bestimmte Regionen (endolymphatische Kompartimente) des Innenohrs hat das Team der KL Krems nun gemeinsam mit international renommierten Partnern eingehend untersucht – und dabei Überraschendes gefunden.

3D-INNENOHR

Neben dem Ductus cochlearis sind die kavernösen Fortsätze am äußeren Ende des Ductus cochlearis, die sogenannten Sacculus und Utriculus, wichtige Teile des Innenohrs. In ihrer jetzt in Otology & Neurotology veröffentlichten Studie verglich das Team um Dr. Béla Büki vom Universitätsklinikum Krems (Lehr- und Forschungsstandort der KL Krems) die Innenohren von neun Ménière-Patienten mit denen von zehn gesunden Personen. Hierzu wurden digitale 3D-Modelle auf Basis zahlreicher anatomischer Schnitte erstellt. Daraus wurden dann die Volumina der oben genannten Kompartimente sowie die Dicke spezieller Membranen (Reissner-Membran) und auch der Zustand der sogenannten Bast-Klappe ermittelt.

Zu den Ergebnissen, die gemeinsam mit Kollegen der Harvard Medical School und der Johns Hopkins University (beide USA) erzielt wurden, sagt Dr. Büki: „Sehr oft war das Volumen des äußeren Cochleagangs sowie des Sacculus vergrößert.“ bei betroffenen Patienten. Dies konnten wir anhand der virtuellen 3D-Modelle deutlich nachweisen.“ Darüber hinaus zeigten die Auswertungen, dass sich bei zahlreichen – allerdings weniger – betroffenen Personen auch das Volumen des Utriculus vergrößert hatte.

DICK DÜNN

Dank der detaillierten Analyse der Innenschläuche konnte das Team anschließend sogar die Dicke der Membranen messen, die die jeweiligen Kompartimente auskleiden. „Die Dicke dieser Membran“, erklärt Dr. Büki, „bildet einen mechanischen Widerstand gegen den Druckanstieg der als Endolymphe bekannten Innenohrflüssigkeiten, den wir in einer früheren Arbeit gezeigt haben. Dies wirkt sich wiederum auf Volumenänderungen aus.“ Und tatsächlich passen die Membrandicken perfekt zu den analysierten Volumina der Kompartimente: Bei gesunden Probanden war die Reissner-Membran des Utriculus dicker als die des (äußeren) Cochlea-Kanals, ebenso wie die des Sacculus – was Volumen verhindern könnte Expansion bei erhöhtem Endolymphdruck. Dies würde die Beobachtung erklären, dass der Utriculus seltener erweitert wurde.

Warum war dann aber bei manchen Betroffenen dennoch eine Volumenerweiterung des Utriculus nachweisbar? Weitere Analysen der sogenannten Bast-Klappe, einer Art Klappe am Eingang des Utriculus, lieferten Antworten auf diese Frage. Tatsächlich war in allen Fällen von Morbus Menière, bei denen auch der Utriculus geschwollen war, die Bast-Klappe geöffnet oder die umgebende Membran gerissen. Dies lässt auf eine druckregulierende Funktion des Ventils schließen. Dies ist eine unschätzbare Beobachtung, wenn man bedenkt, dass die genaue Funktion dieses Ventils fast 100 Jahre nach seiner Entdeckung noch unklar ist.

Insgesamt leistet diese erfolgreiche Zusammenarbeit der KL Krems mit der Harvard Medical School und der Johns Hopkins University einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis einer schweren Erkrankung. Damit entspricht es auch voll und ganz dem Forschungsschwerpunkt der KL Krems: echten klinischen Fortschritt für Patienten schaffen.

Originalveröffentlichung: Die unterschiedliche Volumenzunahme endolymphatischer Kompartimente bei Morbus Menière steht in umgekehrtem Zusammenhang mit der Membrandicke. B. Büki, BK Ward & F. Santos. Otol Neurotol. 18. Juli 2023.

DOI: 10.1097/MAO.0000000000003960

Über die Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (2023) An der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) in Krems ist die umfassende Betrachtung von Gesundheit und Krankheit ein grundlegendes Ziel in Forschung und Lehre. Mit seinem europaweit anerkannten Bachelor-Master-System ist KL eine flexible Bildungseinrichtung, die auf die Bedürfnisse der Studierenden, die Anforderungen des Arbeitsmarktes sowie die wissenschaftlichen Herausforderungen zugeschnitten ist. Derzeit beherbergt KL etwa 700 Studenten in den Bereichen Medizin und Psychologie. Die drei Universitätskliniken Krems, St. Pölten und Tulln sowie das Ionenstrahltherapie- und Forschungszentrum MedAustron in Wiener Neustadt und das Psychosomatische Zentrum Waldviertel in Eggenburg gewährleisten klinische Lehre und Forschung auf höchstem Qualitätsniveau. In der Forschung konzentriert sich KL auf interdisziplinäre Bereiche mit hoher gesundheitspolitischer Relevanz – darunter Medizintechnik, molekulare Onkologie, psychische Gesundheit und Neurowissenschaften sowie Wasserqualität und damit verbundene Gesundheitsaspekte. KL wurde 2013 gegründet und von der Österreichischen Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) akkreditiert. www.kl.ac.at/de

Wissenschaftlicher Kontakt

Dr. Béla Büki

Universitätsklinikum Krems

Karl Landsteiner Universität für Gesundheitswissenschaften

3500 Krems / Austria

T +43 2732 9004 5243

E [email protected]

W https://www.kl.ac.at/